Superintendentin Claudia Reifenberger zur Jahreslosung
„Wir ließen sie auf den Boden knallen, im künstlichen Regen stehen, über Holperstrecken rumpeln, wir zogen an Griffen und Riemen, lauschten dem Rollgeräusch und suchten nach Schadstoffen.“
Gut sollte er schon sein, mein erster Koffer. Bisher war ich mit Rucksack unterwegs gewesen und unerfahren, wie ich war, hielt ich erst mal Ausschau nach einer guten Farbe. Check.
Andererseits, so ein Koffer ist ja irgendwie eine Anschaffung fürs Leben. Worauf sollte ich da eigentlich sonst noch achten?
Gut, dass die Dinge des Alltags für mich geprüft und getestet werden. Schließlich kann ich das nicht alles selbst erledigen. In einem anderen Testbericht habe ich neulich zum Beispiel auch erfahren, wie sich der Klimawandel auf die Qualität des Olivenöls auswirkt und woran man ein gutes Olivenöl erkennt. Ich lese inzwischen auch gerne, was andere über die Erfahrungen mit einem Produkt berichten. Wenn andere Fotos einstellen, die glaubhaft machen, dass die angepriesene Qualität doch zu wünschen übriglässt, dann lasse auch ich eher die Finger davon.
„Prüft alles und behaltet das Gute“, schreibt Paulus in einem Brief an die junge Gemeinde im heutigen Saloniki.
Kein Mensch kann alles prüfen, denke ich. Und was ist eigentlich „das Gute“?
Natürlich ging es Paulus nicht um Koffer oder Olivenöl, sondern um die Einstellung zum Leben. Saloniki war eine große und bunte Hafenstadt, ein Schmelztiegel der verschiedenen Kulturen, Sprachen und Lebensformen. Und mittendrin in der boomenden Stadt die junge Gemeinde mit ihrem Christusbekenntnis, mit ihrer Form den Gottesdienst zu feiern und ihren Umgangsformen. Sollten sie sich besser abschotten vor dem, was ihnen fremd war?
„Prüft alles und behaltet das Gute!“, so rät Paulus in erstaunlicher Gelassenheit. Ich lese das als ein grundsätzliches Plädoyer für Offenheit und den Willen zur Verständigung. Im wachen und aufmerksamen Beobachten und Wahrnehmen anderer Menschen und Kulturen entstehen Fragen. Fragen an die anderen, aber auch Fragen an mich selbst. Im besten Fall macht das neugierig auf den Austausch und auf Verständigung miteinander. Das braucht Zeit. Und übrigens heißt das im Ergebnis nicht, dass alles beliebig und austauschbar wäre.
Es ist nicht alles gleich-gültig.
„Prüft alles und behaltet das Gute!“ Gut ist, was dem Frieden untereinander zuträglich ist, was dem Leben auf dieser Erde dient. Denn Gott ist ein Gott des Friedens, schreibt Paulus nach Saloniki.
Und mein Koffer? Nach einer überschaubaren Zeit der Recherche habe ich mich für einen entschieden, der nach den Vorgaben des Zeichens für geprüfte Sicherheit (GS) ziemlich gut abgeschnitten hat. Den gab es sogar noch in einer coolen Farbe. Also: ein rundum guter Koffer! Check.
Mit der Einstellung zum Leben und den Werten, die für mich und die Gemeinschaft gelten sollen, ist das nicht ganz so schnell erledigt. Wahrscheinlicher ist sogar, dass das eine Daueraufgabe bleibt, herausfordernd wie das Leben selbst. Die Jahreslosung 2025 ist ein Prüfauftrag für Christinnen und Christen, für Kirchengemeinden und Kirchenkreise und die Kirche überhaupt.
Ich bin gespannt, zu welchen Ergebnissen wir vor Ort in den Gemeinden und Einrichtungen kommen und im Kirchenkreis Herne. Herausforderungen gibt es unzählige, und ich wünsche mir Räume und Gelegenheiten des aufmerksamen Wahrnehmens für andere Meinungen, für den Austausch von Argumenten, für Verständigung und für klare und deutliche Entscheidungen.
Und: in ein paar Wochen wird in unserem Land ein neuer Bundestag gewählt, im Herbst 2025 finden die Kommunalwahlen in NRW statt. Beides wichtige Anlässe für einen Prüfauftrag, zu dem uns die Jahreslosung für 2025 ermutigt. Alles muss auf den Prüfstand, aber nicht alles ist es wert behalten zu werden. „Meidet das Böse in jeder Gestalt“, schreibt Paulus auch gleich im nächsten Satz. Seid neugierig, bleibt im Gespräch, prüft sorgfältig und entscheidet klar. Behaltet das Gute! Check.
Ich wünsche Ihnen ein friedliches, ein frohes und ein gesegnetes 2025!