Herne. Castrop-Rauxel – Kreuzkirchengemeinde, Bukavu in der Demokratischen Republik Kongo, Kirchengemeinde Habinghorst, Eine Welt Zentrum des Kirchenkreises Herne – an diesen Orten hat Martin Domke seine 35 Berufsjahre als Pfarrer verbracht. Seine Lebensreise begann am 31. März 1956 in Halle/ Westfalen, von wo aus die Familie Domke nach Bethel zog, weil sein Vater Siegfried hier eine Pfarrstelle in der Schwesternschaft Sarepta antrat. „Ich bin ein Bethel-Kind“, sagt Martin Domke, weil er weiß, dass ihn seine Kindheit in dem Bielefelder Stadtteil nachhaltig geprägt hat. „Hier habe ich schon als Kind die Diakonie als wichtigen Bereich kirchlicher Arbeit in meinem unmittelbaren Umfeld erlebt“, erinnert er sich.
Nach dem Tod seiner Mutter und einem weiteren beruflichen Wechsel seines Vaters in eine Bielefelder Gemeinde haben nicht zuletzt aktive Jahre als Jugendlicher im CVJM die Entscheidung reifen lassen, selbst Theologie zu studieren. Bethel, Erlangen, Tübingen und Durham in Nordengland waren hier die Stationen. Nach dem Vikariat in Marl, wo er seine Frau Martina kennenlernte, kam Martin Domke in den Kirchenkreis Herne. Die Kreuzkirchengemeinde war seine erste Station als „Pastor im Hilfsdienst“, wo er von seinem Mentor Pfarrer Ulrich Hentzelt den Kindergottesdienst übernahm. „Mit den Mitarbeitenden den Kindergottesdienst vorzubereiten und zu feiern, war eine herausragende Erfahrung“, so Domke. „Ich sehe sie noch mit der aufgeblasenen Palme am Brüsseler Flughafen stehen, von wo aus wir im Dezember 1990 in den Zaire aufbrachen.“
Denn Bukavu war der nächste Arbeitsort von Pfarrer Martin Domke, wo er als Nachfolger von Pastor Rick Bliese eigentlich theologische Fortbildungen für die Mitarbeiter der Baptistenkirche durchführen sollte. Die Zeit im Zaire, der späteren „Demokratischen Republik Kongo“, war allerdings beinah von Beginn an geprägt von politischen Konflikten, Bürgerkrieg und Völkermord, sodass die Zeit hier bereits nach fast genau fünf Jahren endete.
Die von Präsident Mobutu im Januar 1990 versprochenen freien Parlamentswahlen gab es nicht, stattdessen innere politische Konflikte und in deren Folge eine Destabilisierung des Landes mit einer Inflationsrate von zeitweise 7.000 Prozent. Plötzlich musste Martin Domke mit von der Evangelischen Kirche von Westfalen zur Verfügung gestellten Devisen Geld in Landeswährung beschaffen, damit die kirchlichen Mitarbeiter vor Ort bezahlt werden konnten. „Ich habe kofferweise Geld ausgeliefert, das sofort auf dem Markt in Lebensmittel umgesetzt wurde, weil die Banknoten eine extrem kurze Halbwertzeit hatten“, erinnert er sich. Richtig schlimm wurde es aber nach dem Abschuss des Flugzeugs, in dem die Präsidenten von Ruanda und Burundi saßen, am 6. April 1994. Dieser Vorfall gilt als äußerer Anlass des Völkermords der Tutsi durch radikale Hutu in Ruanda. „Allein im Juli kamen rund 500.000 Flüchtlinge aus Ruanda in die 300.000-Einwohner-Stadt Bukavu, dazu rund 1,5 Millionen nach Goma“, erzählt Domke. „Insgesamt sind in Ruanda eine knappe Million Tutsi getötet worden, etwa ein Zehntel der Bevölkerung.“ In dieser Zeit waren theologische Fortbildungen nicht mehr seine wichtigste Aufgabe. Stattdessen half er UNO-Soldaten bei der Organisation von humanitären Hilfen. Letztlich ging die Familie Domke, zu der mittlerweile zwei Töchter gehörten, 1995 aus Sicherheitsgründen zurück nach Deutschland.
Martin Domke übernahm in Castrop-Rauxel die Pfarrstelle in der Kirchengemeinde Habinghorst, wo er bis 2002 arbeitete. Ins Eine Welt Zentrum, als dessen Geschäftsführer er den meisten im Kirchenkreis Herne und darüber hinaus bekannt ist, wechselte der Theologe nach der Pensionierung seines Vorgängers Pfarrer Harald Rohr. „Hier habe ich die Umstrukturierung der Ökumenearbeit der Evangelischen Kirche von Westfalen miterlebt, wodurch die Arbeit des Eine Welt Zentrums in den Fokus der Landeskirche rückte.“ Er strickte mit an einem Netzwerk in der Landeskirche – er saß im Ökumeneausschuss und in einer Arbeitsgruppe, die sich mit dem Themenkomplex „Mission, Ökumene und Weltverantwortung“ (MöWE) beschäftigt.
Pfarrer Martin Domke blickt bei seiner Arbeit stets über die kirchlichen Grenzen hinaus. „Ich wollte auf möglichst vielen Ebenen mit Menschen zusammenarbeiten, die sich für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung einsetzen“, sagt er. So entstanden in seiner Amtszeit Kooperationen mit den Kommunen im Bereich des Fairen Handels, auf Bundesebene arbeitet er mit im Ökumenischen Netz Zentralafrika. Die Vertreter dieses Netzes – sie kommen von Misereor, Brot für die Welt, Vereinter Evangelischer Mission u.a. – sorgen mit ihrer Lobbystelle in Berlin dafür, dass Zentralafrika mit seinen internationalen Konflikten im Blick der deutschen Politik bleibt.
Die Partnerschaft zu Bukavu war bis zuletzt ein Schwerpunkt der Arbeit von Martin Domke. „Kirche ist Weltkirche, und ich sehe die Aufgabe des Eine Welt Zentrums darin, die weltweiten Zusammenhänge im Blick zu behalten und die Gemeinschaft zu stärken.“ Dabei wird er von jeher unterstützt durch sein Team im Zentrum: „Ob Fairer Handel, Werkstatt Eine Welt mit der pädagogischen Arbeit vor Ort, Netzwerkarbeit in der Region, Beratung von Flüchtlingen oder Opfern von Menschenhandel oder die Bekämpfung von Zwangsprostitution – hier ziehen alle an einem Strang“, sagt Domke. „Dieses Team war und ist ein Geschenk“.
Martin Domke lebt mit seiner Frau in Castrop-Rauxel. Er hat drei erwachsene Kinder und zwei Enkelkinder. AR