Schwerpunktthema: „Kirche im Wandel“

Wanne-Eickel. Am 17. Juni hat die Kreissynode des Kirchenkreises Herne im Gemeindehaus an der Unser-Fritz-Straße getagt. Von 70 stimmbe­rechtig­ten Mitgliedern waren 48 anwesend, sodass die Synode beschlussfähig war. Los ging es mit einem Abendmahlsgottesdienst in der Lutherkirche; die Predigt hielt Daniel Schwedhelm. Kollekte und Ta­gegeld, auf das die Synodalen traditionsgemäß verzichtet hat, geht an die Kata­strophenhilfe der Diakonie.

Landeskirchenrat Henning Juhl überbrachte die Grüße der westfälischen Präses Annette Kurschus. Dechant Ludger Plümpe regte an, bei der Reduktion von Im­mo­bilien ökumenisch zu kooperieren. In Wanne-Eickel gebe es bereits gemein­same Überlegungen. Er freut sich „auf gute Wohngemeinschaften in der Zu­kunft“.
Bürgermeisterin Andrea Oehler richtete Grüße der Stadt Herne und ihres Ober­bür­germeisters Dr. Frank Dudda aus. Die Kirchen mit ihrem vielfältigen und bunten Gemeindeleben spielen aus ihrer Sicht eine wichtige Rolle in der Stadt­gesellschaft – „wirtschaftlich, sozial und kulturell“.

Im nächsten Tagesordnungspunkt ging es um die Lösung eines schon vorhan­denen und sich wahrscheinlich verstärkenden Mangels an Pfarrerinnen und Pfarrern. Weil einem wachsenden Vertretungsbedarf eine abnehmende Zahl von Personen gegen­überstehen, die für Vertretungen zur Verfügung stehen, kann im Kirchenkreis Herne eine Vertretungspfarrstelle im Übergang einge­richtet werden. In Abstim­mung mit den benachbarten Kirchenkreisen Bochum sowie Gelsenkirchen und Wattenscheid soll jeder Kirchenkreis ab dem 1. Januar 2024 eine Kraft beanspru­chen können, um verlässliche Vertretungs­strukturen zu schaffen. Zielgruppe für diese Pfarrstellen sind in erster Linie Pfarrer*innen, die ihre letzte Dienstzeit neu ausrichten wollen, bevor sie in den Ruhestand wechseln.

„Kirche im Umbruch und die Konsequenzen für die Ortsgemeinden“ war der Vor­trag von Prof. Dr. Uta Pohl-Patalong überschrieben. Grundsätzlich stellte die Prak­tische Theologin fest, dass die zurückgehenden Zahlen nicht unbedingt auf eine Säkularisierung zurückzuführen seien. „Religiosität wird nicht weni­ger, sie verän­dert ihre Form“, sagte sie. Sie sieht allerdings die parochiale Struktur – eine Ge­meinde für jeden Stadtbezirk – für änderungswürdig. Es gehe darum, die „Kommu­nikation des Evangeliums“ neu zu organisieren, damit es Resonanz in der Lebens­wirklichkeit findet.
Ihre Vision einer Kirche der Zukunft sieht Kirchengebäude, die mit ihrem An­gebot bestimmte Zielgruppen anspricht – etwa Jugendkirche, Kulturkirche, Kinderka­thedrale, Familienkirche, Trauercafés, Meditationskirche, digitale Kir­che etc. In diesen Veränderungsprozess hin zu einer eher inhaltlich struktu­rierten Kirche müs­sen ihrer Ansicht nach mit den Gemeindegliedern, Ehren- und Hauptamtlichen ein­bezogen werden.

Superintendentin Claudia Reifenberger knüpfte in ihrem Bericht an den Vortrag an und stellte die Frage wohin es mit der Kirche/ dem Kirchenkreis Herne in Zukunft gehen kann, in den Mittelpunkt ihrer Gedanken. Vor dem Hintergrund des Kleiner-werdens der Kirche sei diese Zeit – wie jede Zeit – eine Zeit des Gestaltens. Im Übrigen sei die Evangelische Kirche immer noch ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Erste Anfänge gebe es:
So nannte sie Umstrukturierungen wie Gemeindevereinigungen oder der Einsatz von Interprofessionellen Teams in der Kirchengemeinde Wanne-Eickel, der Paulus-Kirchengemeinde Castrop oder der Kirchengemeinde Cas­trop-Rauxel-Süd, Projekte wie Sommerkirche mit zentralen Gottesdiensten in den Kir­chen­gemeinden Haranni oder Castrop-Rauxel-Nord, einen Feierabendgottes­dienst donnerstags in Pöppinghausen, einen Thekengottesdienst in einer Kneipe in Castrop-Rauxel-Nord, „Suppe und Segen“ im Winterhalbjahr in Castrop-Rauxel-Nord, wachsende Familienarbeit in Wanne-Eickel oder die Kinderkathed­rale in der Petrus-Kirchengemeinde Herne. Bleibend wichtig sei für die Gesellschaft auch die diakonische Arbeit der Evangelischen Kirche, etwa mit ihrer Beratungsarbeit in Schuldner-, Flüchtlings-, Ehe-, Lebens-, Partnerschafts-, Schwangeren- oder Ar­beitslo­senberatung, durch regelmäßiges Kirchenasyl in drei Gemeinden des Kir­chenkreises oder durch die Begleitung von Opfern von Men­schenhandel. Zuletzt erinnerte die Superintendentin an das Tauffest im Castrop-Rauxeler Parkbad Süd am Himmelfahrtstag. Etwa 550 Menschen waren gekommen, um die Taufe von mehr als 40 Kindern und Jugendlichen zu feiern oder sich an ihre eigene Taufe zu erinnern. Sie kündigte für das nächste Jahr ein Tauffest im Stadtbereich Wanne-Eickel an.

Des Weiteren stellte der Synodale Jugendausschuss das „Jugendbeteili­gungs­er­probungsgesetz“ der Evangelischen Kirche von Westfalen vor. Es geht da­rum, dass jedes Presbyterium zusätzlich zu den gewählten Mitgliedern eine*n Pres­byter*in berufen soll, die/ der zwischen 18 und 27 Jahre alt ist. Ebenso soll der Kreissynodalvorstand drei bis fünf Per­sonen die­ses Alters in die Kreissynode berufen. Dieses Gesetz hat nach §1 das Ziel, „die Alters­diversität in kirchlichen Leitungsorganen und die verantwor­tungsvolle Teil­habe junger Menschen in der Kirche zu för­dern.“ Es ist am 1. Juli 2022 in Kraft getreten und tritt am 31. März 2032 außer Kraft. „Geben Sie den Jugendlichen die Möglichkeit, in der Kirche Verantwortung zu übernehmen, damit sie zu ihrer Kirche wird“, sagte Friedhelm Libuschewski, Geschäftsführer des Jugendreferats im Kirchenkreis, abschließend. AR

 

Die Synodalältesten Ulrich Stückemann, Klaus-Dieter Gülck, Lars Batzer, Pfarrer Hans-Paul Ullrich (Assessor), Superintendentin Claudia Reifenberger, Pfarrer Sven Teschner (Skriba), Marita Wolniak und Michael Kersting (rechts: Ortsdezernent LKR Henning Juhl).

Superintendentin Claudia Reifenberger im Gespräch mit der Herner Bürgermeisterin Andrea Oehler.

48 von 70 Synodale sorgten mit ihrer Anwesenheit für die Beschlussfähigkeit. FOTOS: GÜNTER MYDLAK