Eine Kritik zum Konzert mit Michael Gees (Klavier) und Edith Schnack (Mezzosopran) in der Herner Christuskirche von Brigitte Wilms
Herne. So beeindruckt waren die Zuhörerinnen und Zuhörer vom Konzert für Mezzosopran und Klavier am 20. Oktober in der Herner Christuskirche an der Wiescherstraße 120, dass sie nach dem zweiten Programmpunkt, einer freien Improvisation über ein Gedicht, die knisternde Spannung im weiteren Verlauf des Konzertes nicht mehr mit Klatschen zu stören wagten. „Blühender Staub“, ein Gedicht von Heinz-Albert Heindrichs, (geboren 1930 in Brühl, 2021 in Gelsenkirchen verstorben), beschreibt die Schönheit der Natur als ein wunderbares Geschenk. Es war faszinierend zu erleben, wie Michael Gees (Klavier) und Edith Schnack (Mezzosopran) miteinander aus dem Nichts eine an Tönen immer reichere Begleitung zu großen Musikbögen in der Singstimme schufen, zu einem dynamischen Höhepunkt hinführten und die Musik wieder ersterben ließen.
Schon die drei Lieder von Robert Schumann (Widmung – Die Lotosblume – Mondnacht) zu Beginn hatten das Publikum begeistert. Mit seiner hervorragenden technischen Brillanz, seiner dynamisch flexiblen Gestaltung fesselte Michael Gees von Beginn an, dazu sang Edith Schnack mit natürlichem Ausdruck lange Gesangsbögen mit einer Spannung, die das Publikum in den Bann zog.
Die Reihenfolge des Programms war so gewählt, dass sich die Lieder der so unterschiedlichen Komponisten in Tonart und Gestaltung bruchlos aneinanderfügten. Von der Improvisation leitete das Lied „Liebst Du um Schönheit“ von Gustav Mahler (1860-1911) mit seiner modernen Harmonik über zu Franz Schuberts „Gretchen am Spinnrad“, bei dem die durchgängig virtuose Klavierbegleitung die Unruhe von Gretchen symbolisiert. Schuberts „Abendrot“, auf einen Text von Karl Lappe (1773-1843) komponiert, einem deutschen Dichter aus Pommern, passte inhaltlich zum der Improvisation zugrundeliegenden Gedicht von Heindrichs, pries es doch ebenfalls die Schönheit der Natur, die als Abglanz des Himmels auf der Erde dem Menschen die Kraft zum Leben gibt.
Bei dem Lied „Lieblingsplätzchen“, einem Strophenlied von Felix Mendelssohn Bartholdy, war die in Akkorden gestaltete Klavierbegleitung der Singstimme untergeordnet, nur einmal in die Höhe gerückt als Ausdruck des Trostes der Natur über fehlende Liebe. Von Max Reger (1873-1916), mehr bekannt als Komponist von großen Orgelwerken, war die „Waldeinsamkeit“ zu hören, ein ruhiges, an harmonischen Wechseln reiches Lied, das eine Liebesbegegnung im Wald beschreibt.
Den Abschluss bildeten vier Lieder von Richard Strauss (1864-1916), bei denen der Gegensatz zwischen einer lebendigen, oft gleiche Figuren verwendenden virtuosen Klavierbegleitung und einer Singstimme, die in langen Tönen schwelgt und große Sprünge zu bewältigen hat, besonders auffiel. Komponiert hat Strauss die Lieder 1895, und vielleicht haben ihn Textzeilen wie „Durch Dämmergrau in der Liebe Land“ … „zu der schönsten Frau“ besonders angesprochen, war er doch, als er das Lied komponierte, gerade seit einem Jahr verheiratet und mit seiner Frau nach München gezogen.
Der stürmische Beifall der großen Zuhörerschaft am Ende machte eine Zugabe unumgänglich: Michael Gees und Edith Schnack Franz Schubert trugen zum Abschluss noch das Lied „Frühlingsglaube“ vor, was zwar nicht in die Jahreszeit passte, aber „textlich durchaus in unsere Zeit gehört, denn nun muss sich alles, alles wenden““, so Gees.
FOTO: FW SIEPMANN
- Michael Gees (Klavier) und Edith Schnack (Mezzosopran) begeisterten am 20. Oktober in der Herner Christuskirche ihr Publikum.