INTERRELIGIÖSES GESPRÄCH In der Herner Volkshochschule ging es um das Heilige und das Unheimliche – um Engel und Dämonen
HERNE – „Wer Von Ihnen hat zu Hause einen Engel?“ Auf Nachfrage von Pfarrerin Katharina Henke, die den ersten Abend der Reihe „Interreligiöse Gespräche“ im neuen Semester der Herner Volkshochschule moderiert hat, meldeten sich nur die anwesenden Christen.Außerdem wurden Gebete zitiert – „Abends, wenn ich schlafen geh, vierzehn Engel um mich stehn.“
Geschichten und Berichte über Engel gibt es auch bei Juden und Muslimen, Bilder oder Figuren sind dort jedoch nicht üblich. Dr. Michael Rosenkranz von der jüdischen Gemeinde Bochum-Hattingen-Herne sind diese sogar ein Ärgernis: „Mit diesen Figuren verdinglichen wir geistige Kräfte, die in uns und an uns wirken und wollen so über das Geheimnis verfügen“, sagte er. „Ein gemeinsames Gebet oder Lied, gesungen von der Mutter, gibt einem Kind wirklich, was es braucht – Wärme und Geborgenheit; es ist doch schlimm, wenn heute das Lied der Mutter ersetzt wird durch irgendein Blech- oder Plastikgebilde auf dem Nachttisch.“ Der Glaube an die Engel gehört bei Muslimen sogar zum Glaubensbekenntnis. „Die Vorstellung, dass auf jeder Schulter ein Engel sitzt, der gute oder böse Taten notiert, ist weit verbreitet“, erläuterte Hüseyin Inam.
Die Referenten erzählten aus ihren Heiligen Schriften, in denen Engel als Boten Gottes auftreten – nicht nur schützend und helfend, sondern auch korrigierend und mahnend.
Jede Zeit scheint eigene Bilder und Beschreibungen für die geistige Welt zu finden. In unseren Religionen lassen sich Einflüsse aus den Kulturen des alten Orients erkennen. Wer sind Erzengel, Seraphim, Himmlische Heerscharen, Cherubim? Hier sind sich die Vertreter der Religionen einig: „Eine ausgefeilte Lehre über den himmlischen Hofstaat ist heute überflüssig.“
Dann ging es noch um Dämonen: „Erzählungen berichten von Dämonen als gefallenen Engeln, die sich Gottes Anordnungen, dem Menschen zu dienen, verweigerten“, sagte Henke.. Im Koran tauchen „Dschinns“ als Realität auf. Die ganze Sure 72 ist ihnen gewidmet. Diese widergöttlichen Kräfte weckten bei den Teilnehmenden Neugierde und Fragen: Wer regiert die Dämonen? Was geschieht heute beim Exorzismus, den die Katholische Kirche nach wie vor kennt? „Menschen, die nicht bei sich sind, die außer sich sind, kann unsere Fürsprache und Gebet helfen“, erläuterte Pfarrer Reinhard Hörmann von der Katholischen Kirche.
Katharina Henke erinnerte daran, dass bei uns Engel erst seit den 90er Jahren wieder im Gespräch sind. Zuvor seien sie in der Theologie abgelehnt worden – als überholte, unwissenschaftliche, mythologische Bilder. Doch in Zeiten von globalen Unsicherheiten und Ängsten gebe es eine starke Sehnsucht nach greifbarem Schutz und sicherem Geleit. Die Esoterik finde für fragwürdige, kostspielige Gespräche mit Engeln regen Zulauf. „Wie anders und tröstlich klingen doch Bonhoeffers Verse: ‚Von guten Mächten wunderbar geborgen, erwarten wir getrost, was kommen mag...‘“, sagte Henke.
Der zweite Abend in diesem Semester widmet sich dem Thema „Aberglaube und magische Handlungen“ und findet statt am Dienstag, 13.November um 18.30 Uhr in der Volkshochschule im Kulturzentrum. KH