Eine Konzertkritik von Brigitte Wilms
WANNE-EICKEL – Mit großer Begeisterung hat das Publikum auf ein eindrückliches Konzert in der Christuskirche Herne am 15. April reagiert, das mit ausdrucksstarken Chorälen, getragener und temperamentvoller Orgelmusik und virtuoser Trompetenkunst aufwartete. Zu Gast waren die Organistin Hildegard Ziegler (Essen) und das Trompetenensemble „QuintEssenz” mit Sinje und Hans-Martin Schnittker, Farina Baßfeld, Martin Berner sowie Julian Meiselbach, die Trompeten in B, die weicher klingenden Flügelhörner und auch eine hohe Bachtrompete einsetzten.
Das Programm war geschickt aufgebaut: Es begann und schloss mit festlicher barocker Instrumentalmusik in Verbindung mit einem Choral. So erklang zu Beginn die „Trumpet Voluntary” von William Boyce (1711-1779), einem englischen Komponisten und Organisten zur Zeit der Bachsöhne. Dieses mitreißende Stück ohne feste kompositorische Form wurde besonders bekannt, da es in der Anglikanischen Kirche oft am Ende von Hochzeitsfeiern oder von anderen Feierlichkeiten gespielt wurde. Ursprünglich für eine Orgel mit Trompetenregister komponiert, wird es heute auch oft von echten Trompeten musiziert.
Den krönenden Abschluss bildete das berühmte „Rondeau“ aus der ersten Orchestersuite für Solotrompete in einer Bearbeitung für fünf Trompeten und Orgel. Jean-Joseph Mouret, Zeitgenosse Bachs und der populärste Komponist der französischen Hauptstadt nach dem Tode Ludwigs IV., konnte in seinen Kompositionen von der hohen Kunst der französischen Blechbläser profitieren.
Dem glänzenden Anfang folgte die Vertonung des 100. Psalms von Felix Mendelssohn-Bartholdy, einer vier- bis achtstimmigen Motette, deren Chorstimmen variabel auf Orgel und Trompeten aufgeteilt waren: Anfangs wechselten sich Orgel und Trompeten abschnittsweise ab, übernahmen bei der Achtstimmigkeit jeweils einen der Chöre und führten das Stück am Ende beim Choral gemeinsam feierlich zu Ende. Das innige „Jesus bleibet meine Freude” aus der Kantate BWV 147 dagegen war dem prächtigen Schluss vorangestellt, wobei einer Solotrompete die Choralmelodie anvertraut war, während die Orgel die Sextolen-Begleitung übernommen hatte.
Dazwischen erklangen drei furiose und sehr abwechslungsreiche Kompositionen für fünf Trompeten von Erik Morales (geb. 1966), einem amerikanischen Trompeter, Arrangeur und Komponisten der Gegenwart. Dabei war es für die Hörer sehr hilfreich, dass Sinje Schnittker vorab von ihren Vorstellungen sprach, die sie beim Spielen dieser Stücke hat: So erlebte man bei „Cityscapes“ eine Stadt während der Rushhour – gehetzte Menschen und unendliche Autoschlangen, musikalisch verdeutlicht durch ungeheuer schnelle Trompetenläufe und durchgehende Achtel in der Begleitung.
Bei „Metallic Fury“ ritt man in einer Herde Wildpferde durch der Prärie, dargestellt durch flirrende Trompetengirlanden und unablässige rhythmische Figuren, erlebte einen großartigen Sonnenaufgang (akkordische Signale und glänzende Melodien ähnlich einer Filmmusik), während man bei dem ruhigeren „Path of discovery“ über den Wolken schwebte und von oben die Natur unten entdeckte, musikalisch ausgedrückt mit einer durchgängigen Melodie und durch die Verwendung der hohen Trompete und der tiefer klingenden Flügelhörnern zum Kennzeichnen der beiden Ebenen.
Vier Stücke für Orgel solo von der Romantik bis zur Moderne bildeten dazu einen reizvollen klanglichen und stilistischen Gegensatz. Zunächst erklang mit leisen Flötenregistern das einem Siciliano ähnliche getragene „Prelude“ aus op. 18 von Cesar Franck (1822-1890), einem der bedeutendsten französischen Komponisten, Lehrer und Organisten der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die ergreifende „Cantilene“ aus der Orgelsonate Nr. 11 op. 148 von Joseph Gabriel Rheinberger (1839-1901), Organist, Komponist, Hofkapellmeister und bedeutender Musikpädagoge in München, setzte einen zweiten Ruhepunkt.
Das dritte Stück war ein festliches „Finale“ D-Dur des britischen Organisten, Chorleiters und Komponisten Malcolm Archer (geb. 1952), registriert mit schön klingenden hellen Prinzipalen. Abschließend begeisterte Hildegard Ziegler mit dem leicht jazzigen Osterstück „Christ ist erstanden“ von Christopher Tambling (1964-2015), der diesen alten christlichen Zuruf mit einer eigenen, würdevollen Melodie ausstattete, mit englischem Klangverständnis neu vertonte und so eine festliche Orgelmusik für österliche Gottesdienste schuf.
Durch den Wechsel der Position des Ensembles „QuintEssenz“ während des Konzertes – die Kompositionen ohne Orgelbegleitung wurden vom Altar aus musiziert – ergab sich nicht nur eine klangliche und optische Variante, das Publikum war auch in die Musik voll hineingenommen und bedankte sich für dieses äußerst gelungene Konzert mit lang anhaltendem Beifall.